Welche Rohstoffe werden in Deutschland abgebaut?

    Tiefe Geothermie

    Stand: November 2025

    EITI-Standard:

    Tiefe Geothermie

    Tiefe Geothermie bezeichnet die Nutzung von Erdwärme aus Tiefen von über 400 Metern und bei Temperaturen, die in der Regel für Heizzwecke (meist über 60°C) oder Stromerzeugung (meist über 100°C) typisch sind. Das Potenzial in Deutschland wird auf mehrere 100 TWh geschätzt,1 mit großen Potenzialen im Süddeutschen Molassebecken, dem Oberrheingraben und dem Norddeutschen Becken.2 3

    Geschichte

    Das früheste Beispiel für die Nutzung von Tiefer Geothermie in einer Großanlage in Deutschland ist das 1984 in Betrieb genommene Heizkraftwerk Waren an der Müritz in Mecklenburg-Vorpommern mit einer thermischen Leistung von 1,3 MW. Regionaler Schwerpunkt der hydrothermalen Energiegewinnung ist heute das Süddeutsche Molassebecken im Großraum München.

    Wirtschaftliche Bedeutung

    Die Nutzung der Tiefen Geothermie in Deutschland hat in den letzten zwei Jahrzehnten zugenommen, besonders durch ihren wachsenden Beitrag zur Wärmeversorgung mittels Fernwärmenetze.4 Ihr Anteil am gesamtdeutschen Energiemix ist im Vergleich zu anderen erneuerbaren Energien allerdings noch gering. Stand Januar 2025 waren in Deutschland 42 Tiefe Geothermieanlagen in Betrieb, von denen 31 nur Wärme und 2 nur Elektrizität produzierten.5 Die Bruttostromerzeugung aus Tiefer Geothermie lag im Jahr 2024 bei 214 GWh, was etwa 0,04% des Bruttostromverbrauchs in Deutschland entsprach. Die zur Verfügung gestellte Wärme belief sich auf 1795 GWh entsprechend einem Anteil von etwa 0,2% Endenergieverbrauch im Wärmesektor.6
    Zwar beträgt die Jahreswärme-Produktion aus tiefer Geothermie in Deutschland nur 1,7 TWh pro Jahr (Stand 2020), doch lässt sich diese deutlich steigern. Schätzungen zufolge liegt das heimische Marktpotenzial bei ca. 70 GW installierte Leistung. Dies bedeutet, dass ein Viertel des gesamten Wärmebedarfs in Deutschland über geothermische Systeme sowie Hochtemperatur-Speicherung und Grubenwasser abgedeckt werden können.7
    Staatliche Förderprogramme wie das Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) für Strom und die Bundesförderung für effiziente Wärmenetze (BEW) für Wärme schaffen Investitionsanreize und sollen den Ausbau beschleunigen. Die Technologie gilt als kapitalintensiv bei hohem Fündigkeitsrisiko, bietet aber eine langfristig stabile und planbare Energieproduktion. Der wirtschaftliche Nutzen des Ausbaus liegt neben der CO₂-Einsparung auch in der regionalen Wertschöpfung und der Reduzierung von Energieimporten.

    Gewinnung

    Die Erschließung Tiefer Geothermie erfolgt durch Bohrungen, je nach geologischen Bedingungen und Temperaturniveau ab 400 Metern bis zu mehreren Kilometern Tiefe, die eine bergrechtliche Genehmigung erfordern. Das Geothermische Informationssystem (GeotIS) bietet bundesweite Informationen zu geplanten und im Betrieb befindlichen Anlagen zur Nutzung Tiefer Geothermie, wie auch der Bundesverband Erdöl, Erdgas und Geoenergie e.V. (inkl. Art der Bergbauberechtigung) und der Bundesverband Geothermie e.V. Einen Überblick über die Gesamtsituation der Geothermie Deutschland-Europa-Welt liefert alle zwei Jahre die Energiestudie der Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe (BGR). Die Energiedaten werden zusätzlich jährlich als Excel veröffentlicht, z.B. für das Jahr 2024. Das Bundesministerium für Wirtschaft und Energie (vorher Klimaschutz) hat 2022 angekündigt, bis 2030 mindestens 100 zusätzliche geothermische Projekte anzustoßen, an Wärmenetze anzuschließen und die Geothermie in Wohngebäuden, Quartieren und industriellen Prozessen nutzbar machen zu wollen.8

    Bei den Hydrothermalen Systemen wird heißes Thermalwasser aus wasserführenden Schichten/Aquiferen gefördert. In diesen Schichten erfolgt der Fluidtransport über Poren, Klüfte oder Karsthohlräume. Oberirdisch wird dem Wasser in einem Kraftwerk oder einer Heizzentrale die Wärme entzogen und das abgekühlte Wasser wieder in den Untergrund zurückgeführt. Die geothermische Entwicklung in Deutschland findet aktuell nahezu ausschließlich im Bereich der hydrothermalen Geothermie statt.
    Bei Tiefen Erdwärmesonden, wird das Wasser nur innerhalb der Bohrung im geschlossenen Kreislauf zirkuliert. Durch den thermischen Kontakt mit dem umgebenden Gestein erwärmt sich das Wasser auf dem Weg nach unten und wird über ein thermisch isoliertes Rohr wieder nach oben gebracht.9

    Bei Petrothermalen Systemen werden in hydraulisch dichtem, insbesondere kristallinem Gestein (zum Beispiel Granit) durch die Erzeugung von Rissen, Fließwege im Untergrund geschaffen. Über diese wird, ähnlich wie bei hydrothermalen Systemen, Wasser zirkuliert, um Wärme zu gewinnen. Für dieses Konzept existiert ein großes Potenzial in Deutschland. Mögliche Risiken bei Petrothermalen Systemen sind jeweils standortbezogen zu prüfen.

    Verwendung

    Die gewonnene Erdwärme wird in Deutschland primär zur Versorgung von nahegelegenen kommunalen oder regionalen Fern- und Nahwärmenetzen eingesetzt. Die direkte Beheizung von Wohngebieten, öffentlichen Gebäuden und Gewerbebetrieben ist das Hauptanwendungsfeld. Weitere Anwendungen sind die Bereitstellung von Prozesswärme für die Industrie oder die Nutzung in der Balneologie. Der Fokus der aktuellen Ausbaustrategie liegt klar auf der Wärmebereitstellung als Beitrag zur Dekarbonisierung des Wärmesektors. Die Stromerzeugung in geothermischen Kraftwerken spielt in Deutschland bisher eine untergeordnete Rolle und ist besonders dort von Interesse, wo höhere Temperaturen (>100-120 °C) verfügbar sind.

    Weiterhin sind tiefe geothermische Wässer oft mit Lithium angereichert. Die zusätzliche Extraktion von Lithium aus diesen Wässern könnte in Zukunft die Nutzung Tiefer Geothermie insbesondere im Oberrheingraben und im Norddeutschen Becken ökonomischer machen und so ihren Ausbau weiter beschleunigen (siehe auch Versorgungssicherheit). Trotz bereits existierender Pilotprojekte gibt es hierzu allerdings noch einen erheblichen Forschungsbedarf.10

    Quellenangaben

    1 Strategiepapier von sechs Einrichtungen der Fraunhofer-Gesellschaft und der Helmholtz-Gemeinschaft (2022): Roadmap Tiefe Geothermie für Deutschland. Handlungsempfehlungen für Politik, Wirtschaft und Wissenschaft für eine erfolgreiche Wärmewende

    2 Geothermisches Informationssystem. Aktuelle Forschungsdaten zu Potential und Nutzung geothermischer Energie: Übersichtskarten

    3 acatech (Deutsche Akademie der Technikwissenschaften) (2024): Die Wärmewende findet Stadt: Geothermie kann laut acatech Studie Fernwärme befeuern

    4 Geothermisches Informationssystem. Aktuelle Forschungsdaten zu Potential und Nutzung geothermischer Energie: Statistiken zur Geothermie

    5 Bundesverband Geothermie (2025): Geothermie in Zahlen. Tiefe Geothermie in Deutschland (Stand Januar 2025)

    6 Geschäftsstelle der Arbeitsgruppe Erneuerbare Energien-Statistik (AGEE-Stat) am Umweltbundesamt (2025): Erneuerbare Energien in Deutschland. Daten zur Entwicklung im Jahr 2024

    7 Bundesverband Erdgas, Erdöl und Geoenergie e.V. (BVEG) (2022): Wärmemarkt Deutschland: Was die Geothermie künftig leisten kann

    8 Bundesministerium für Wirtschaft und Energie (BMWE) (2022): Geothermie für die Wärmewende – Bundeswirtschaftsministerium startet Konsultationsprozess

    9 Umweltbundesamt (2015): Tiefe Geothermie – mögliche Umweltauswirkungen infolge hydraulischer und chemischer Stimulationen

    10 Bundesverband Geothermie e.V. (2030): Stand der Forschung und Forschungsbedarf Geothermie