Wie sind die gesetzlichen Rahmenbedingungen?
Wirtschaftlich Berechtigter
Stand: November 2024
EITI-Standard:
Wissenswertes
Wirtschaftlich Berechtigter
Die Frage, wer hinter einem Unternehmen steht und sein sogenannter wirtschaftlich Berechtigter ist, hat in den letzten Jahren im Hinblick auf die Bekämpfung von Terrorismusfinanzierung, Geldwäsche und deren Vortaten, wie etwa Steuerstraftaten, an Bedeutung gewonnen. Den Rahmen setzt die Europäische Union mit ihrer Geldwäscherichtlinie, zuletzt die 5. EU-Geldwäscherichtlinie (RL [EU] 2018/843), die von den Mitgliedstaaten umgesetzt wird. Am 19. Juni 2024 wurde das neue EU-Geldwäschepaket im Amtsblatt der EU verkündet, dass aus der 1. EU-Geldwäscheverordnung, der 6. EU-Geldwäscherichtlinie und der AMLA-Verordnung besteht und ab 10. Juli 2027 gilt bzw. bis dahin umzusetzen ist. Die 1. EU-Geldwäscheverordnung und die 6. EU-Geldwäscherichtlinie sehen weitere Verschärfungen zur Transparenz über wirtschaftlich Berechtigte vor.
Wirtschaftlich Berechtigte von Unternehmen sind solche natürlichen Personen, in deren Eigentum oder unter deren Kontrolle ein Unternehmen letztlich steht bzw. jene natürlichen Personen, auf deren Veranlassung eine Transaktion1 letztlich durchgeführt oder eine Geschäftsbeziehung letztlich begründet wird (vgl. § 3 Abs. 1 Geldwäschegesetz – GwG). Die bessere Zugänglichkeit dieser Informationen soll die Bekämpfung von Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung erleichtern.
Verstärkte Sorgfaltspflichten gelten, wenn es sich bei dem wirtschaftlich Berechtigten um eine sogenannte politisch exponierte Person (PeP) handelt. Eine PeP ist in §1 Abs. 12 GwG definiert als jede Person, die ein hochrangiges wichtiges öffentliches Amt auf internationaler, europäischer oder nationaler Ebene ausübt oder ausgeübt hat. Erfasst sind zudem Personen, die ein öffentliches Amt unterhalb der nationalen Ebene aber vergleichbarer politischer Bedeutung ausüben oder ausgeübt haben. Zu den PeP gehören insbesondere Minister/innen, Staatssekretäre/innen, Parlamentsabgeordnete, Mitglieder der Verwaltungs-, Leitungs- und Aufsichtsorgane staatlicher Unternehmen (sofern Bund oder Länder mit mehr als 50 % beteiligt und mehr als 2.000 Arbeitnehmer/innen beschäftigt sind) sowie Mitglieder der Leitungsorgane der Rechnungshöfe.
Um die Identifizierung von PeP zu erleichtern, erstellt und aktualisiert jeder EU-Mitgliedstaat und die Europäische Kommission gemäß Artikel 1 Nr. 13 der 5. EU-Geldwäscherichtlinie (RL [EU] 2018/843) eine Liste, in der die genauen Funktionen angegeben sind, die als wichtige öffentliche Ämter im Sinne der Richtlinie anzusehen sind. In Deutschland ist das Bundesministerium der Finanzen für die Erstellung und Aktualisierung der Liste sowie deren Übermittlung an die Europäische Kommission zuständig. Die Europäische Kommission führt die Listen der EU-Mitgliedstaaten und ihre eigene Liste zusammen und veröffentlicht eine gemeinsame Liste.
Deutsches Transparenzregister
In Deutschland ergeben sich wirtschaftlich Berechtigte aus dem Transparenzregister, das über ein Internetportal zugänglich ist. Im Rahmen der Umsetzung der 4. Geldwäscherichtlinie (EU) 2015/849 vom 20. Mai 2015 wurde zum 26. Juni 2017 ein Transparenzregister in Form eines Auffangregisters eingerichtet, welches Daten zu wirtschaftlich Berechtigten vorhält, soweit sich diese Daten nicht bereits aus anderen öffentlich zugänglichen Registern ergeben.
Durch das am 30. Juni 2021 verkündete Gesetz zur europäischen Vernetzung der Transparenzregister und zur Umsetzung der Richtlinie (EU) 2019/1153 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 20. Juni 2019 zur Nutzung von Finanzinformationen für die Bekämpfung von Geldwäsche, Terrorismusfinanzierung und sonstigen schweren Straftaten (Transparenzregister- und Finanzinformationsgesetz) wurde das Transparenzregister vom Auffangregister auf ein Vollregister umgestellt. Das bedeutet, dass alle Rechtseinheiten verpflichtet sind, ihren wirtschaftlich Berechtigten unmittelbar der registerführenden Stelle des Transparenzregisters zur Eintragung mitzuteilen. Ab dem 01.01.2023 ist im Transparenzregister zu allen deutschen Gesellschaften und sonstigen Rechtseinheiten ein Eintrag zu deren wirtschaftlich Berechtigen in digitalem Format vorhanden.
Angaben zu wirtschaftlich Berechtigten im Transparenzregister
Erfasst werden Vor- und Nachname des wirtschaftlich Berechtigten, das Geburtsdatum und der Wohnort, Wohnsitzland, Art und Umfang des wirtschaftlichen Interesses und alle Staatsangehörigkeiten.
Betreuung des Transparenzregisters
Das Transparenzregister wird von der Bundesanzeiger Verlag GmbH als beliehene Behörde geführt. Grundsätzlich sind die in § 20 und § 21 GwG genannten Vereinigungen und Rechtsgestaltungen in Deutschland dazu verpflichtet, die aktuellen Angaben zum wirtschaftlich Berechtigten in elektronischer Form an das Transparenzregister zu melden. Bei der Eintragung nimmt die registerführende Stelle eine Schlüssigkeitsprüfung der gemeldeten Daten vor, § 18 Abs. 3 GwG. Eine inhaltliche Prüfung der gemeldeten Daten erfolgt dann, wenn eine Unstimmigkeitsmeldung abgegeben wurde.
Unrichtige, unvollständige oder fehlende Eintragungen sind nach § 56 Abs. 1 S.1 Nummer 55 GwG bußgeldbewehrt. Zuständige Ordnungsbehörde für die Verhängung von Bußgeldern ist das Bundesverwaltungsamt (BVA). Zudem müssen geldwäscherechtlich Verpflichtete (z. B. Kreditinstitute, Finanzdienstleistungsinstitute, Versicherungsinstitute, Wirtschaftsprüfer/innen, Immobilienmakler/innen oder Rechtsanwälte/innen und Notare/innen soweit sie für den/die Mandanten/in Immobilien oder Gewerbebetriebe kaufen oder verkaufen) und bestimmte Behörden2 ihnen im Transparenzregister auffallende Unstimmigkeiten nach § 23a GwG melden. Das Unterlassen einer erforderlichen Unstimmigkeitsmeldung ist für Verpflichtete ebenfalls bußgeldbewehrt (§ 56 Abs. 1 S. 1 Nr. 66 GwG). Seit Einführung der Pflicht zur Meldung von Unstimmigkeiten gemäß § 23a GwG (1. Januar 2020) haben Verpflichtete im Jahr 2020 insgesamt 8.851, 2021 18.052, 2022 34.287, 2023 127.092 und 2024 bisher 120.352 Unstimmigkeitsmeldungen abgegeben. Behörden, die zu ihrer Aufgabenerfüllung in das Transparenzregister Einsicht nehmen dürfen, haben 2020 sieben, 2021 drei, 2022 drei, 2023 acht und 2024 bisher vierzehn Unstimmigkeitsmeldungen abgegeben.
Bestandskräftige und unanfechtbare Bußgeldentscheidungen werden vom BVA im Internet veröffentlicht, sofern das Bußgeld einen Betrag von 200 Euro übersteigt.3
Einsicht in das Transparenzregister
Die Informationen zu den wirtschaftlich Berechtigten im Transparenzregister sind Behörden, Gerichten und den in §2 Abs. 4 GwG genannten Stellen im Rahmen ihrer gesetzlichen Aufgaben, geldwäscherechtlich Verpflichteten im Rahmen der Erfüllung ihrer geldwäscherechtlichen Sorgfaltspflichten zugänglich.
Das Transparenzregister ist zudem seit dem 1. Januar 2020 entsprechend den Vorgaben der Änderungsrichtlinie zur 4. EU-Geldwäscherichtlinie (RL [EU] 2018/843) auch der gesamten Öffentlichkeit zugänglich (§ 23 Abs. 1 GwG). In diesem Zusammenhang sieht ein Urteil des Europäischen Gerichtshofs vom 22. November 2022 in den verbundenen Rechtssachen C-37/20 und C-601/20 vor, dass die Regelung der EU-Geldwäscherichtlinie ungültig ist, die EU-weit vorsieht, dass die Informationen über die wirtschaftlich Berechtigten der im Transparenzregister eingetragenen Gesellschaften oder anderen juristischen Personen in allen Fällen für alle Mitglieder der Öffentlichkeit uneingeschränkt zugänglich sind. Zum Schutz der Grundrechte auf Privatleben und Datenschutz wirtschaftlich Berechtigter dürfen die Daten danach nur unter bestimmten Voraussetzungen zugänglich gemacht werden. Die Mitteilungspflichten über wirtschaftlich Berechtigte gelten unverändert und die Fortführung des Transparenzregisters ist davon ebenfalls nicht betroffen. In einem EU-Mitgliedsstaat müssen die nationalen Gesetze im Einklang mit dem EU-Recht stehen. Daher ist aktuell ein berechtigtes Interesse für den Zugang zum Transparenzregister nachzuweisen. Art. 74 der 6. EU-Geldwäscherichtlinie sieht die Wiedereinführung des berechtigten Interesses vor; diese Regelung ist bereits bis zum 10. Juli 2025 von den EU-Mitgliedstaaten umzusetzen.
Für die D-EITI Berichterstattung verfügt der Unabhängige Verwalter über ein berechtigtes Interesse und hat damit eine Zugangsberechtigung für die Einsichtnahme in das Transparenzregister. Für die zur Berichterstattung eingeladenen Unternehmen stellt er fest, ob diese einen Eintrag im Transparenzregister haben und ob dieser auf Grundlage der ihm zur Verfügung stehenden und einzuholenden Informationen plausibel ist.4
Weitere öffentlich verfügbare Informationen über Unternehmensstrukturen
Quellenangaben
1 Eine Transaktion bezeichnet hierbei all jene Handlungen, die eine Geldbewegung oder eine sonstige Vermögensbewegung bezweckt oder bewirkt.
2 Die Aufsichtsbehörden, die Behörde nach § 25 Absatz 6 und nach § 56 Absatz 5 Satz 2 sowie die Zentralstelle für Finanztransaktionsuntersuchungen trifft die Pflicht nach Satz 1, sofern dadurch die Aufgabenwahrnehmung der Behörden nicht beeinträchtigt wird.
3 Bundesverwaltungsamt (2022): Bußgeldentscheidungen (Transparenzregister). URL: https://www.bva.bund.de/DE/Das-BVA/Aufgaben/T/Transparenz- register/bussgeldentscheidung/bussgeldentscheidung_node.html (Abruf am 9. Oktober 2024).
4 Dies erfolgt gemäß der Leistungsbeschreibung an den Unabhängigen Verwalter, welche durch die DEITI MSG beschlossen wurde