Welche Rohstoffe werden in Deutschland abgebaut?
Erdöl und Erdgas
Stand: Juli 2024
EITI-Standard:
Wissenswertes
Erdöl
- Deutschland deckte im Jahr 2022 rund 2 % seines Erdölbedarfs aus heimischer Produktion.
- 56 % (2022), 54 % (2023) der gesamten deutschen Förderung entstammten aus dem im Wattenmeer gelegenen Bewilligungsfeld Heide-Mittelplate I.
- Erdöl entsteht aus Ablagerungen großer Mengen von Plankton. Durchschnittlich lagern Erdölfelder in einer Tiefe von rund 1,5 km.
- Durch den technischen Fortschritt ist es heute möglich, auch Erdölfelder in 5.000 m Tiefe und darunter zu erschließen.
- Seit Beginn der Erdöl- und Erdgasförderung in Deutschland wurden insgesamt mehr als 25.000 Bohrungen durchgeführt.
Erdgas
- Bereits seit 100 Jahren wird Erdgas aus heimischen Lagerstätten gewonnen.
- Die heimische Erdgasförderung stammt nahezu vollständig aus Niedersachsen.
- 5 % des Erdgasbedarfs in Deutschland wurde 2022 durch die heimische Produktion gedeckt.
Erdöl
Geschichte
Seit über 150 Jahren wird Erdöl in Deutschland industriell gefördert. Die erste erfolgreiche Bohrung 1858/59 in Wietze bei Celle gilt als eine der ersten der Welt. Der Höhepunkt der Erdölförderung in Deutschland wurde 1968 mit einer Jahresproduktion von rund 8 Mio. t erreicht. Die sicheren und wahrscheinlichen deutschen Erdölreserven werden zum 1. Januar 2024 auf knapp 23 Mio. t geschätzt. Der größte Teil der Erdölreserven lagert im Norddeutschen Becken, vorrangig in Schleswig-Holstein und Niedersachsen. Ende des Jahres 2022 standen 43 Ölfelder in Produktion.
Wirtschaftliche Bedeutung
Mit einem Anteil von rund 35 % am Primärenergieverbrauch ist Erdöl der mit Abstand wichtigste Energieträger in Deutschland, wobei die fossilen Energieträger mit einem Anteil von rund 79 % (2022) und 77 % (2023) im Allgemeinen stark gegenüber den erneuerbaren Energieträgern überwiegen 1. Im Jahr 2022 belief sich die heimische Erdölförderung auf rund 2 % des deutschen Jahresverbrauchs und der Anteil blieb damit im Vergleich zum Vorjahr gleich. Als einer der größten Mineralölverbraucher weltweit ist Deutschland somit fast vollständig auf den Import von Erdöl angewiesen. Die Rohölimporte in 2022 stiegen gegenüber dem Vorjahr um etwa 7 Mio.t., auf rund 88 Mio.t und sanken in 2023 auf rund 77 Mio. t. . Sie stammten aus über 30 Ländern im Wert von rund 61 Mrd. Euro, wobei in 2022 41 % des importierten Rohöls allein auf Russland (22,4 Mio. t), die USA (12Mio. t) und Kasachstan (9 Mio.t) entfiel2. In 2023 lieferten Norwegen, die USA und Kasachstan die größten Mengen. Russisches Rohöl wurde bis Mitte 2023 ausschließlich in Form von Linefill (Restmengen in der Druschba-Pipeline, etwa 0,2 Mio. t.) importiert und spielt seither im Bereich der Rohölimporte keine Rolle mehr3. In Deutschland wurden im Jahr 2022 etwas weniger als 2 Mio. t und 2023 etwa 1,6 Mio. t Erdöl gefördert4. Der Anteil an der weltweiten Erdölfördermenge betrug 2022 etwa 0,04 % und 2023 0,03%. Der Wert des in Deutschland geförderten Erdöls lag für 2022 bei geschätzten 1025 Mio. Euro, das sind 0,03 % des BIP. Etwa 6 % des Gesamtwertes der in Deutschland abgebauten Rohstoffe entfiel im Jahr 2022 auf Erdöl.
Damit rangierte Erdöl bei der wirtschaftlichen Bedeutung hinter Braunkohle und Erdgas an dritter Stelle der in Deutschland geförderten fossilen Energierohstoffe und an siebter Stelle aller heimisch abgebauten Rohstoffe. Im internationalen Vergleich der Erdölproduzierenden Länder belegte Deutschland im Jahr 2022 den 59. Platz (1970: 26. Platz). Zum Jahresende 2023 waren im Wirtschaftszweig der Gewinnung von Erdöl in Deutschland 1.940 Personen beschäftigt (siehe Beschäftigung und Soziales). 5
Gewinnung
Im Jahr 2022 waren in Deutschland 43 Erdölfelder in Produktion. Auf ihnen wurde durch 683 Fördersonden in Bohranlagen (onshore) bzw. auf Förderplattformen (offshore) Erdöl gefördert. Die Erdölfelder Schleswig- Holsteins und Niedersachsens erbrachten 2022 und 2023 zusammen fast 90 % der deutschen Gesamtproduktion. Die restliche Produktion verteilte sich vor allem auf Rheinland-Pfalz sowie Bayern und zu sehr geringen Anteilen auf Hamburg und Mecklenburg-Vorpommern. Das größte deutsche Erdölfeld ist Heide-Mittelplate I, das sich im Nationalpark Schleswig-Holsteinisches Wattenmeer befindet. Es wird seit 1987 über eine Bohr- und Förderinsel sowie durch Bohrungen vom Festland aus erschlossen. Auf dieses Erdölfeld entfiel 2022 und 2023 rund die Hälfte der gesamten deutschen Erdölfördermenge.
Verwendung
Erdöl ist ein fossiler Energieträger und dient v. a. als Treibstoff für Verkehrs- und Transportmittel und zur Beheizung von Gebäuden. Erdöl (Vergaserkraftstoff, Dieselkraftstoff, Flugkraftstoffe) hat in den letzten Jahren um die 93 % des Endenergieverbrauchs im Verkehrssektor ausgemacht 6. Bei der Bereitstellung von Raumwärme beträgt der Erdölanteil rund 20 % an der Endenergie. Zudem wird Erdöl insbesondere in der chemischen Industrie verwendet, beispielsweise für die Herstellung von Kunst- und Farbstoffen, Schaumstoff, Waschmitteln, Medikamenten, Schmiermitteln und Kosmetik.
Erdgas
Bereits seit 100 Jahren wird Erdgas aus heimischen Lagerstätten gewonnen. Die heimische Erdgasförderung stammt nahezu vollständig aus Niedersachsen. 5 % des Erdgasbedarfs in Deutschland wurde 2022 durch die heimische Produktion gedeckt.
Geschichte
Bei einer Bohrung nach Wasser wurde 1910 in Neuengamme, heute ein Stadtteil von Hamburg, Erdgas gefunden. Die Förderung im industriellen Maßstab begann 1913. Bis zum Ende der 1960er Jahre war die heimische Erdgasproduktion allerdings gering – Erdgas erreichte bis dahin nur einen Anteil von rund 1 % am primären Energieverbrauch in Deutschland (West). Die Ölkrisen in den 1970er Jahren lenkten den Blick verstärkt auf den Verbrauch von Energie und die Notwendigkeit der Erschließung neuer Energiequellen. Mit der Entdeckung großer Erdgasvorkommen an der deutsch-niederländischen Grenze und der zunehmenden Umstellung von Stadt- und Kokereigas auf Erdgas stieg die heimische Förderung (von 12 auf rund 20 Mrd. m³ (Vn) 7 Rohgas zwischen 1970 und 2005). Damit einher ging auch ein stetiger Ausbau der Erdgasinfrastruktur.. Im Jahr 2005 deckte die heimische Erdgasförderung etwa 25 % des deutschen Erdgasverbrauchs. Seitdem ist die Förderung aber rückläufig. Die sicheren und wahrscheinlichen Reserven an Erdgas sind zudem rückläufig. Diese beliefen sich zum 1. Januar 2023 auf rund 38 Mrd. m³ (Vn). Die Abnahme der Erdgasreserven sowie der Erdgasproduktion beruht im Wesentlichen auf der zunehmenden Erschöpfung der Lagerstätten und damit einhergehend deren natürlichem Förderabfall. Auch nennenswerte Neufunde sind in den letzten Jahren ausgeblieben.
Wirtschaftliche Bedeutung
Mit einem Anteil von rund 24 % am Primärenergieverbrauch bleibt Erdgas nach Erdöl der zweitwichtigste Energieträger in Deutschland. Im Jahr 2022 lag die Erdgasförderung in Deutschland bei rund 5,3 Mrd. m³ (Vn) Rohgas und deckte damit nur noch etwa 5 % des heimischen Erdgasverbrauchs. Dieser nahm 2022 um rund 16 % gegenüber dem Vorjahr ab. Im Jahr 2022 wurden 1449 TWh Erdgas im Wert von insgesamt rund 74 Mrd. Euro importiert. Die wichtigsten Importländer waren 2022 Norwegen (475 TWh), die Niederlande (475 TWh) und Russland (316 TWh). Im Vergleich zu den vergangenen Jahren haben die Auswirkungen des Krieges in der Ukraine die deutschen Gasimportstrukturen deutlich verändert. Ab September 2022 wurde die Lieferung von russischem Pipelinegas nach Deutschland komplett eingestellt. Zudem kam es gegenüber dem Vorjahr zu einer Abnahme der Importe (–13 %). Ein erheblicher Teil des importierten Erdgases wird in die europäischen Nachbarländer re-exportiert (535TWh). Ende 2022 erfolgte zum ersten Mal, über das schwimmende LNG-Terminal in Wilhelmshaven, der direkte Import von LNG (verflüssigtes Erdgas) nach Deutschland 8. Mit der Menge an heimisch gefördertem Erdgas lag Deutschland im Vergleich aller Erdgasförderländer im Jahr 2022 auf Platz 49 9. Der Anteil an der weltweiten Erdgasfördermenge betrug 2022 rund 0,1 %. Der Wert des geförderten Erdgases betrug im Jahr 2022 geschätzt 4,2 Mrd. Euro. Das entspricht rund 0,1 % des BIP. Etwa 22 % des Gesamtwertes der in Deutschland produzierten Rohstoffe entfiel im Jahr 2022 auf Erdgas. Zum Jahresende 2023 waren in der Erdgasgewinnung in Deutschland 1.000 Personen beschäftigt 10.
Gewinnung
Fast 99 % des deutschen Erdgases wurde 2022 in Niedersachsen gefördert. Andere Bundesländer (Sachsen-Anhalt, Thüringen und Bayern) trugen nur marginal zur Gesamtfördermenge bei. Gefördert wurde das Erdgas auf 66 Erdgasfeldern mittels 280 Fördersonden. Wie auch Erdöl tritt Erdgas in unterirdischen Lagerstätten auf. Vergleichbar mit der Erkundung von Erdöl, findet die Exploration von Erdgas vor allem durch seismische Untersuchungen und Erkundungsbohrungen statt. Die Förderung erfolgt über ein mit Zement und Stahl stabilisiertes Bohrloch, in das ein Steigrohr eingebracht wird (Sonde).
Neben der Erschließung konventioneller Lagerstätten wäre die Erschließung nicht-konventioneller Erdgaslagerstätten vorstellbar. Zu den nicht-konventionellen Lagerstätten zählen Erdgasvorkommen in Schiefer-, Ton-, Mergel- und Kohleflözgestein, zu deren Erschließung „Hydraulic Fracturing“ – kurz „Fracking“ – eingesetzt werden muss. Beim „Fracking“ werden durch Einpressen einer Suspension (Wasser, Stützmittel und Additive) und dem damit einhergehenden Druckanstieg kontrolliert kleine Risse in dem Gestein erzeugt, in dem das Erdgas enthalten ist. Durch diesen Prozess wird das Gas freigesetzt, so dass es durch die Bohrleitungen an die Oberfläche geleitet werden kann.
„Fracking“ in Deutschland wurde viele Jahrzehnte bei der Erschließung konventioneller Lagerstätten angewendet, vor allem in dichten Sandsteinen, meist in größerer Tiefe, und ist langjährig erprobt. Der Einsatz von Fracking zur kommerziellen Erschließung von Schiefer-, Ton-, Mergel- und Kohleflözgestein (d.h. nicht-konventioneller Lagerstätten) hingegen ist in Deutschland grds. bis auf Weiteres nicht zulässig. Ausgenommen davon sind bis zu vier Probebohrungen, die allerdings wissenschaftlich zu begleiten sind 11 12. Der Deutsche Bundestag hat bislang keinen Gebrauch davon gemacht, auf Grundlage des 2021 vorgelegten Berichtes der Expertenkommission Fracking das Verbot zu überprüfen 13. Das Thema Fracking wird in Deutschland weiterhin kontrovers diskutiert.
Verwendung
Als fossiler Energieträger wird Erdgas hauptsächlich in der Industrie (36 %) und in privaten Haushalten (32 %, vorwiegend Heizung) eingesetzt. Daneben erfolgt die Verwendung zur Stromerzeugung (12 %) in Gewerbe, Handel und Dienstleistungen (13 %) und in der Fernwärme-/Kälteversorgung (einschl. Blockheizkraftwerke; 6 %). Im Verkehr spielt Erdgas als Treibstoff eine sehr untergeordnete Rolle. Stoffliche Anwendung findet Erdgas in chemischen Prozessen, wie beispielsweise der Ammoniaksynthese im Haber-Bosch-Verfahren (Stickstoffdüngemittel), der Eisenerzreduktion im Hochofenprozess insbesondere aber auch bei der Herstellung von Wasserstoff durch Dampfreformierung.
Quellenangaben
1 [AGEB 2023], detaillierte Quellenangabe siehe weitere Quellen in den Endnoten.
2 Eine Auflistung der wichtigsten Lieferländer kann hier eingesehen werden: https://www.bafa.de/SharedDocs/Downloads/DE/Energie/Mineraloel/moel_amtliche_daten_2022_12.html (Abruf am 06. Mai 2024).
3 Statistisches Bundesamt (2023): Erdölimporte aus Russland im Januar 2023 auf 3 500 Tonnen gesunken. URL: https://www.destatis.de/DE/Presse/Pressemitteilungen/2023/03/PD23_098_51.html (Abruf am 13. Juni 2024)
4 Informationen zu signifikanten Explorationsvorhaben können z.B. hier eingesehen werden: https://nibis.lbeg.de/DOI/dateien/GB_49_2023_Text_7_web.pdf; Erdölförderung in Deutschland – BVEG; BGR – Die BGR – Neuer BGR-Bericht zur Rohstoffsituation in Deutschland (bund.de) (Abruf am 27. Juni 2024).
5 [BA 2024], detaillierte Quellenangabe siehe Endnoten.
6 AG Energiebilanzen e.V. (2023): Auswertungstabellen zur Energiebilanz Deutschland. URL: https://ag-energiebilanzen.de/wp-content/uploads/2023/10/awt_2022_deutsch.pdf (Abruf am 13. Juni 2024)
7 Normvolumen (Vn)
8 AG Energiebilanzen e.V. (2023): Energieverbrauch in Deutschland im Jahr 2022. URL: https://www.destatis.de/DE/Presse/Pressemitteilungen/2023/03/PD23_098_51.html (Abruf am 13. Juni 2024)
9 Informationen zu signifikanten Explorationsvorhaben können z.B. hier eingesehen werden: https://nibis.lbeg.de/DOI/dateien/GB_49_2023_Text_7_web.pdf; Erdölförderung in Deutschland – BVEG, BGR – Die BGR – Neuer BGR-Bericht zur Rohstoffsituation in Deutschland (bund.de) (Abruf am 27. Juni 2024).
10 [BA 2024], detaillierte Quellenangabe siehe Endnoten.
11 Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK) (2022). URL: https://www.bmwk.de/Redaktion/DE/Artikel/Industrie/fracking.html
(Abruf am 20. Juli 2023).
12 Vgl. §13a Absatz 2 und 6 Wasserhaushaltsgesetz. URL: https://www.gesetze-im-internet.de/whg_2009/__13a.html (Abruf am 14. Juni 2024)
13 Expertenkommission Fracking gemäß Wasserhaushaltsgesetz § 13a Absatz 6 (2023). URL: Expertenkommission Fracking: Startseite (expkom-fracking-whg.de) (Abruf am 25. Juli.2023)