Nachhaltigkeit in der Rohstoffgewinnung
Nachhaltigkeit in der Rohstoffwirtschaft
Stand: Oktober 2024
Wissenswertes
Bereits 2002 hat die Bundesregierung die erste nationale Nachhaltigkeitsstrategie vorgelegt und diese seit 2004 alle vier Jahre weiterentwickelt.1 In der Weiterentwicklung der Deutschen Nachhaltigkeitsstrategie (DNS) 2021 betont die Bundesregierung, dass „die Förderung einer nachhaltigen Entwicklung grundlegendes Ziel und Maßstab des Regierungshandelns“ ist, um „gleichermaßen den Bedürfnissen der heutigen sowie künftiger Generationen gerecht zu werden – in Deutschland sowie in allen Teilen der Welt – und ihnen ein Leben in voller Entfaltung ihrer Würde zu ermöglichen“. Das Ziel ist ein fortschrittliches, innovatives, offenes und lebenswertes Deutschland, welches sich durch hohe Lebensqualität, wirksamen Umweltschutz, inklusive und integrative Politikgestaltung auszeichnet und seine internationale Verantwortung wahrnimmt.2, 3
Mit der Neuauflage der Deutschen Nachhaltigkeitsstrategie von 2016 erfolgte eine Ausrichtung an der 2015 beschlossenen Agenda 2030 der Vereinten Nationen und deren 17 Nachhaltigkeitszielen (Sustainable Development Goals, SDGs), zu denen jeweils spezifische Umsetzungsmaßnahmen festgelegt wurden. Diese wurden mit der DNS 2021 weiterentwickelt, wobei die 17 Nachhaltigkeitsziele Deutschland als „Kompass (…) für alle Politikfelder“4 dienen und damit auch für die Rohstoffgewinnung. Ein Ziel der DNS 2021 ist es „Ressourcen sparsam und effizient zu nutzen“ und dafür die Gesamtrohstoffproduktivität5 Deutschlands zu steigern. Bis 2030 wird angestrebt, wieder im Trend der Jahre 2000 bis 2010 (jährliche Steigerung von 1,6 %) zu liegen. Laut Statistischem Bundesamt (Destatis ) stieg die Gesamtrohstoffproduktivität von 2010 bis 2018 um 9 Prozentpunkte (jährlich 0,9 %), was unter dem Zielpfad liegt.6 Wie in vielen anderen Marktwirtschaften ist auch in Deutschland eine relative Entkopplung von Wirtschaftswachstum und Rohstoffeinsatz7 zu beobachten, jedoch nicht in dem Sinne des Umwelt- und Klimaschutz gewünschten Umfang.
Eine Aktualisierung der DNS unter Einbeziehung von relevanten Akteurinnen und Akteuren sowie Bürgerinnen und Bürgern ist bis Ende 2024 vorgesehen.8 Die hierzu vorgelegte Dialogfassung ist thematisch entlang von „Transformationsbereichen“ und „Hebeln“ strukturiert; aus Rohstoffperspektive ist insbesondere der Transformationsbereich „Kreislaufwirtschaft“ von Relevanz. Das in der DNS 2021 enthaltene Ziel einer weiteren Steigerung der Gesamtrohstoffproduktivität im Trend 2000-2010 (Indikator 8.1) wird voraussichtlich in die DNS 2024 übernommen.
Die Basis der Deutschen Nachhaltigkeitsstrategie ist ein ganzheitlicher, integrativer Ansatz: Nur, wenn die Wechselwirkungen zwischen den drei Nachhaltigkeitsdimensionen Ökologie, Ökonomie und Soziales beachtet werden, lassen sich langfristig tragfähige Lösungen erreichen. Die Strategie zielt auf eine wirtschaftlich leistungsfähige, sozial ausgewogene und ökologisch verträgliche Entwicklung ab, wobei die planetaren Grenzen unserer Erde zusammen mit der Orientierung an einem Leben in Würde für alle die absoluten Leitplanken für politische Entscheidungen bilden. Dies gilt auch für die unterschiedlichen Wertschöpfungsketten rohstofffördernder Branchen.9
Für den Rohstoffbereich wurde die Zielsetzung der DNS in der im Januar 2020 von der Bundesregierung beschlossenen Rohstoffstrategie10 sowie in den vom Ministerium für Wirtschaft und Klimaschutz im Januar 2023 vorgelegten Eckpunkte11 zur weiteren Konkretisierung der Strategie erneut bestätigt. Deutschland ist als einer der weltweit führenden Technologiestandorte und als Exportnation auf eine sichere Rohstoffversorgung angewiesen. Vor dem Hintergrund des Pariser Klimaziels und der damit verbundenen Doppeltransformation aus Energiewende und Digitalisierung ist in den kommenden Jahren sogar mit einem höheren Primärrohstoffverbrauch in Deutschland zu rechnen (siehe Auswirkungen der Energiewende und Versorgungssicherheit). Damit geht auch die Verantwortung einher, sich für eine effiziente, nachhaltige, ökologisch und sozial verträgliche Rohstoffnutzung einzusetzen. Die Bundesregierung hat sich daher das Ziel gesetzt, den Verbrauch von primären Rohstoffen zu senken und Stoffkreisläufe zu schließen. Um diese Ziele zu erreichen, soll die Kreislaufwirtschaft als Säule der Rohstoffstrategie deutlich gestärkt werden und bis 2024 eine nationale Kreislaufwirtschaftsstrategie erarbeitet werden. Beide Strategien sollen dafür eng miteinander verzahnt werden (siehe Kreislaufwirtschaft).
Im Rahmen der Kapitel Umgang mit Eingriffen in Natur und Landschaft; Umweltschutz, Renaturierung, Rekultivierung; Beschäftigung und Soziales und Kreislaufwirtschaft, insbesondere Recycling werden einige wichtige Beiträge zu den drei Nachhaltigkeitsdimensionen Ökologie, Ökonomie und Soziales aufgegriffen; ergänzend sei auf diverse Nachhaltigkeitsberichterstattungen öffentlicher, zivilgesellschaftlicher und privatwirtschaftlicher Akteure verwiesen.
Das Kapitel Umgang mit Eingriffen in Natur und Landschaft erläutert die deutschen gesetzlichen Rahmenbedingungen im Zusammenhang mit dem Umgang von Eingriffen in Natur und Landschaft durch Rohstoffabbau in Deutschland. Es enthält zudem Informationen zu Kompensationsmaßnahmen und -zahlungen, Rückstellungen und Sicherheitsleistungen von Rohstoffunternehmen für Rückbau/Wiedernutzbarmachung ehemaliger Abbaugebiete sowie zu Wasserentnahmeentgelten.
Das Kapitel Umweltschutz, Renaturierung, Rekultivierung beschreibt zusätzlich konkret für die unterschiedlichen rohstoffgewinnenden Sektoren, welche Aspekte für die Wiedernutzbarmachung von ehemaligen Fördergebieten und -flächen in Deutschland wichtig sind und welche gesetzlichen Grundlagen hierfür gelten.
Das Kapitel Beschäftigung und Soziales behandelt die Lage im Bereich Beschäftigung sowie die gesetzlichen Regelungen zum sozialen Schutz der im Bereich der deutschen Rohstoffgewinnung Beschäftigten. Im Abschnitt Diversität und Chancengleichheit wird das Thema Geschlechtergerechtigkeit behandelt. Dargestellt wird die Bedeutung der Mitbestimmung sowie der Kooperation von Arbeitnehmervertretungen und Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber im Rahmen der deutschen Sozialpartnerschaft. Außerdem wird über die Maßnahmen zur sozialen Abfederung der Arbeitsplatzverluste berichtet, die sich aus der eingeleiteten Beendigung des Abbaus und der Verstromung fossiler Energieressourcen ergeben.
Im Abschnitt „Unternehmerische Verantwortung“ wird u. a. auf privatwirtschaftliche Initiativen für mehr Nachhaltigkeit und entsprechende Kooperationen mit der Zivilgesellschaft hingewiesen. Darüber hinaus wird die aktuelle Rechtslage zur Nachhaltigkeitsberichterstattung dargestellt.
Das Kapitel Kreislaufwirtschaft, insbesondere Recycling schließlich beleuchtet den Stand der deutschen Anstrengungen zur effizienten und sparsamen Ressourcennutzung. Es ist für Deutschland, das in hohem Maße von Rohstoffimporten abhängig ist, ein Bereich mit einem hohen Innovationspotential.
Quellenangaben
1 Bundesregierung (2021): Deutsche Nachhaltigkeitsstrategie. Weiterentwicklung 2021. URL: https://www.bundesregierung.de/resource/blob/998194/1875176/3d3b15cd92d0261e7a0bcdc8f43b7839/deutsche-nachhaltigkeitsstrategie-2021-langfassung-download-bpa-data.pdf S. 15 (Abruf am 11. September 2023)
2 Ebd. S. 14 f.
3 Ebd. S. 225
4 Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (2021). Sektorprogramm Rohstoffe und Entwicklung : Agenda 2030 –
Sustainable Development Goals. URL: https://rue.bmz.de/ (Abruf am 3. Januar 2024).
5 Um die teils massiven Umweltwirkungen zu reduzieren, die mit dem Rohstoffverbrauch verbunden sind, sollen Rohstoffe möglichst effizient eingesetzt werden. Gemessen wird das anhand der Gesamtrohstoffproduktivität. Um diese zu bestimmen, wird die Leistung einer Volkswirtschaft (v.a. die Güterproduktion) mit der Rohstoffinanspruchnahme in Bezug gesetzt. Einbezogen werden dabei auch Rohstoffe, die für die Herstellung der importierten Güter benötigt wurden.
6 Destatis (2022): Nachhaltige Entwicklung in Deutschland – Indikatorenbericht 2022 (S. 68,69). URL: https://www.destatis.de/DE/Themen/Gesellschaft-Umwelt/Nachhaltigkeitsindikatoren/Publikationen/_publikationen-innen-nachhaltigkeit-indikatorenbericht.html (Abruf am 2. September 2024).
7 Von relativer Entkoppelung spricht man, wenn das Bruttoinlandprodukt (BIP), das heißt, die Güterproduktion und das Bereitstellen von Dienstleistungen, gesteigert wird und der dabei verursachte Ressourcenverbrauch und -emissionsausstoß nicht im selben Maß ansteigt. Um die planetaren Grenzen einzuhalten, bräuchte es eine rasche globale absolute Entkoppelung, also eine Abnahme des Energie- und Ressourcenverbrauchs, auch wenn das BIP ansteigt.
8 Bundesregierung (2024): Die Bundesregierung aktualisiert die Deutsche Nachhaltigkeitsstrategie. URL: https://www.bundesregierung.de/breg-de/themen/nachhaltigkeitspolitik/nachhaltigkeitsstrategie-1124112 (Abruf am 2. September 2024).
9 Bundesministerium für Umwelt Naturschutz, nukleare Sicherheit und Verbraucherschutz (BMUV) (2024). Deutsche Nachhaltigkeitsstrategie. URL: https://www.bmuv.de/themen/nachhaltigkeit/strategie-und-umsetzung/nachhaltigkeitsstrategie (Abruf am 2. September 2024).
10 Bundesregierung (2020): Rohstoffstrategie der Bundesregierung. Sicherung einer nachhaltigen Rohstoffversorgung Deutschlands mit nichtenergetischen mineralischen Rohstoffen. URL: https://www.bmwk.de/Redaktion/DE/Publikationen/Industrie/rohstoffstrategie-der-bundesregierung.pdf? blob=publicationFile&v=4 (Abruf am 11. September 2023).
11 Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz (2023). Eckpunktepapier Wege zu einer nachhaltigen und resilienten Rohstoffversorgung- URL: https://www.bmwk.de/Redaktion/DE/Downloads/E/eckpunktepapier-nachhaltige-und-resiliente-rohstoffversorgung.html (Abruf am 11. September 2023).